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Interview: Von Investments und Energieeffizienz

Eine Empira-Studie befasst sich eingehend mit dem Thema „Klimaziele und Wohnungsneubau“. Zu den darin enthaltenen, sehr interessanten Erkenntnissen interviewe ich Leo von Berger, Director Development Strategies and ESG bei Empira, und Prof. Dr. Steffen Metzner, Head of Research von Empira.

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Die Empira Gruppe, ein führender Investment-Manager für institutionelle Immobilienanlagen, hat in einer Studie den Wohnungsneubau und -bestand in Deutschland und Europa hinsichtlich der Energiebilanz untersucht.

Steffen Metzner: Unser Schwerpunkt bei Empira ist der Wohnbau, und wir haben in unserer Studie das Thema auf den Energieverbrauch heruntergebrochen. Denn dafür gibt es Messdaten, Statistiken und Preise. Daran lässt sich erkennen, ob bautechnische Maßnahmen etwas bewirken. Neben dem Alter und der Qualität der Bausubstanz betrachtet die Studie auch Faktoren wie den Gebäudetyp (Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäuser), die Neubauaktivität, das Klima und die Flächennutzung in ihren Auswirkungen auf den Energiebedarf.

Ist Ihnen etwas besonders aufgefallen – oder gab es etwas, womit Sie in dieser Form nicht gerechnet hätten?

Steffen Metzner: Während seit 1990 der Energieverbrauch in der deutschen Industrie und im Gewerbe um 14,9 % respektive 22,6 % zurückging, sank der Verbrauch im Segment privater Wohnraum um lediglich 2,6 %. Es ist interessant zu beobachten, dass die einzelnen Energiearten, wie zum Beispiel Warmwasser oder Raumwärme, zwar effizienter produziert werden, aber die Nutzungsmenge gleichzeitig nicht weniger wird. Es wird aus Komfortgründen einfach mehr verbraucht – das ist eine interessante Erkenntnis: Die vielen Jahre Wärmedämmung und Einsparung im Wohnbau haben im Gesamtverbrauch tatsächlich wenig bewirkt.

Das heißt, es liegt am Nutzer?

Steffen Metzner: Es gibt eine Fehlallokation der Ressourcen im Bereich der Energieeinsparung. Trotz der aufwendigen Ertüchtigung der Gebäude verhalten sich die Nutzer am Ende des Tages anders, und gesamtwirtschaftlich ist kaum eine Einsparung zu verzeichnen. Eine wirkliche Änderung kann nur durch eine Änderung im Verhalten jedes Einzelnen bewirkt werden.

Der Anspruch der Nutzer ist sehr hoch, und wenn Gebäude gedämmt werden, dann will man es danach gern auch wärmer haben. Dieser Qualitätsanspruch und die verstärkte Nutzung von Energie sind dem Wohlstand der Bevölkerung geschuldet. Wir können uns die Energie leisten.

Leo von Berger: Die Mieter sind anspruchsvoller geworden. Interessant war als Studienergebnis in jedem Fall der Aufwand im Vergleich zum Nutzen. Es lassen sich Altbauten nicht so leicht dämmen wie Neubauten. Bestandsbauten lassen sich zudem nicht endlos ertüchtigen.

Die Menschen haben auch andere Raumbedürfnisse. Es besteht heute die Tendenz zu kompaktem Wohnen. Denken wir etwa an die Raumfolgen der Altbauten – es ist klar, dass es heute andere Ansprüche an die Grundrisse und die Lage gibt. Die alten Wohnstrukturen und deren Flächenansprüche in einer Ökobilanz positiv abzubilden ist jedenfalls schwierig. Es sind nun einmal nicht mehr die 220 Quadratmeter Beletage gefragt, sondern kompakte, gut organisierte Räumlichkeiten.

Die Studie belegt, dass der Energieverbrauch in Brandenburg fast doppelt so hoch wie in Berlin ist.

Steffen Metzner: Die teils enormen Unterschiede beim durchschnittlichen Energieverbrauch im privaten Wohnsegment zwischen einzelnen Bundesländern geht vor allem auf die Unterschiede der Gebäudetypen zurück. Der hohe Energieverbrauch erklärt sich aus den verschiedenen Anteilen an Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern. Letztere verbrauchen weitaus weniger Energie. So sind nur knapp mehr als 40 % des Berliner Gebäudebestands Ein- oder Zweifamilienhäuser, während dieser Anteil in Brandenburg bei über 80 % liegt. Der höhere Energieverbrauch ist auch durch höhere technische Standards nicht auszugleichen.

Leo von Berger: Wenn man auf dem Land wohnt, dann sollte man beim Thema „Energieeffizienz“ auch die zusätzliche Mobilität, die notwendig ist, um seinen Alltag zu bewältigen, im Hinterkopf haben. Das ist ein wesentlicher Aspekt, der oftmals unterschätzt, aber in unserer Studie betrachtet wird.

Die Tendenz, in die Großstadt zu ziehen, ist aber weiterhin vorhanden.

Leo von Berger: Das Gros möchte heute urbaner leben. Das ist positiv, allerdings sind viele Städte in den 50er- und 60er-Jahren gewachsen und haben viele Altbestände. Da stellt sich die Frage, wie man den Bestand mit sinnvollen strukturändernden Maßnahmen den heutigen Wohnbedürfnissen anpassen kann? Das heutige Wohnen ist stark mit Nachhaltigkeitsthemen verbunden. Man denkt heute in anderen energietechnischen Dimensionen und betrachtet vieles ganzheitlich. Wir wollen Wohnhäuser so gestalten, dass wir sie auch lange erhalten können.

Steffen Metzner: Für die Ökonomie der Stadt ist es schön, wenn man die bebauten Flächen nicht ausufern lässt. Die vorhandene Infrastruktur ist effizienter genutzt, wenn man Neubauten in bereits existierende Quartiere bringt. Es wird dabei von Stadt zu Stadt unterschiedlich sein, ob man Gebäude ersetzen kann, neu bauen muss oder ob es nötig ist, anderweitig in Standorte und Gebäude zu investieren.

Treffen Sie aufgrund der Studie bei den Investments jetzt andere Entscheidungen?

Leo von Berger: Die Ergebnisse sind teilweise überraschend, aber wir sind nicht auf dem falschen Fuß erwischt worden, da wir in der Empira Gruppe sehr viel Know-how in diesem Bereich aufgebaut haben. Ich selbst habe in meiner beruflichen Tätigkeit vorher Industriestandorte mit hohem Verbrauch zu Produktionsstandorten mit einem bewussten Umgang mit der benötigten Energie umfunktioniert. Wir tragen diese Ideen in das Unternehmen, in unsere Projekte hinein.

Generell sehen wir es als unsere Aufgabe an, marktfähige Grundrisse und Wohnungen zu schaffen, die am Puls der Zeit sind. Für den Mieter ist es wichtig zu wissen, welche Qualität er bekommt und mit welchen Kosten er rechnen muss.

Für uns sind Wohngebäude ein ganzheitliches Thema. So ist auch das direkte Umfeld einer Wohnung für das Gesamtbild sehr wichtig. Bereits bei der Annäherung entsteht ein Eindruck von der Wertigkeit eines Projekts – also durch die Gestaltung der Allgemeinflächen, des Entrees, des Stiegenhauses oder des Lifts. Wenn der Mieter zufrieden ist, haben die Investoren eine stabile Rendite.

Ein Projekt wird also nicht nur an der optimalen Rendite gemessen.

Leo von Berger: Durch unsere „Develop and hold“-Strategie betrachten wir ein Projekt in allen Projektphasen. Viele Marktteilnehmer machen einfach nur einen Investment-Case mit maximaler Nutzung und minimalem Investment. Wir achten darauf, dass wir werthaltige Gebäude erstellen können.

Eine Immobilie benötigt ein ganzheitliches Konzept. Wir rechnen das Projekt durch und platzieren es, und zwar so, dass das Renditekonzept funktioniert. Wir denken somit langfristig auch über die Bauweise und die Energiekonzepte nach.

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Walter Senk

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  • Erschienen am:
    30.11.2021
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