Sebastian Nitsch, ein Triathlet an der Spitze des österreichischen Projektentwicklers 6B47

Sebastian Nitsch ist seit 2010 beim Unternehmen, aber erst seit September in der Funktion des CEO. Ein – Corona-bedingt schlechter Zeitpunkt, um in die neue Rolle zu wechseln?, lautet die Einstiegsfrage. „CEO zu werden ist immer eine Herausforderung, unabhängig vom Zeitpunkt“, antwortet Nitsch. Seit dem Start 2010 habe sich 6B47 zu einem „100-Mann-Unternehmen“ entwickelt, das mit „1,6 Milliarden Euro an Projektentwicklungsvolumen“ hantiere, verteilt über drei Länder. Die Covid-Situation mache die Dinge „spannend“, aber es gebe andere Branche als die Immobilienwirtschaft, die vor größeren Problemen stünden.

Was plant der neue CEO für 6B47?

„Wir werden unser Geschäftsmodell nicht umkrempeln“, betont Nitsch, der weiteres Wachstum als Ziel ausgibt. Das Projektvolumen solle in den kommenden zwei Jahren auf 2,5 Milliarden Euro wachsen. Neu werde sein, bei Projekten auch verstärkt institutionelle Anleger an Bord zu holen. Auch werde das Unternehmen seine Kern- und Metropolregionen neu definieren: „Wien betrachten wir mittlerweile von Hainburg bis nach St. Pölten.“ In Deutschland wiederum wolle Nitsch „die Marktpräsenz deutlich verstärken“.

Die Metropolregionen weiten sich aus

„Leistbares Wohnen“ hat sich zum „vielgenutzten Schlagwort“ entwickelt, sagt Nitsch. Gleichzeitig werde Wien zum teuren Pflaster. Damit gehe die Nachfrage ins Umland – „das ist spannend, wenn man mit Verkehrsanbindung in einer halben Stunde in der Stadt ist“. In Deutschland sei 6B47 in vier Regionen tätig: Berlin und sein Umland; Rhein-Ruhr; Rhein-Main; Bayern. In Bayern seien „nicht mehr München, sondern die gut gesuchten B-Städte“ im Visier. Zurück zu Österreich: Es sei nicht überraschend, dass die „Metropolregion Wien“ jetzt in den Westen bis nach St. Pölten gedacht wird. „Die Südachse bis Wiener Neustadt ist doch längst akzeptiert“, erklärt Nitsch.

Lehren aus Corona

„Es gibt nichts, was es nicht gibt“, fasst CEO Nitsch seine Erfahrungen der vergangenen sechst Monate zusammen. Von der Maske im Kaffeehaus bis zur Umstellung von Teams, Systemen und Prozessen – man sieht, wie flexibel die Gesellschaft und – insbesondere – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf neue Herausforderungen reagieren. „Wir hatten keinen Tag Kurzarbeit“, sagt Nitsch, „wir haben alle Projekte in voller Stärke weitergeführt“. Der Arbeitgeber sehe jetzt, dass Home Office durchaus möglich ist – gleichzeitig merke der Arbeitnehmer, dass die physische Anwesenheit im Büro nicht komplett wegzudenken ist. „Ich bin selbst vom Saulus zum Paulus geworden, was das Home Office betrifft“, erklärt CEO Nitsch sein Umdenken.

Was bringen die kommenden Monate für die Branche?

Zukunftsprognosen seien schwierig; niemand wisse, wie lange die Corona-Situation noch dauern werde, sagt Nitsch. In der Immo-Branche gebe es „viele Propheten, die definierte Meinungen für die Zukunft haben“. Aus seiner Sicht werden Freiflächen wichtiger, Räume zum sozialen Kontakt und Flexibilität bei der Wohnraumgestaltung. Für Büros gelte aus seiner Sicht: „Verwechseln wir nicht einen verordneten Lockdown und verpflichtendes Home Office mit dem Angebot, dass wir jung-dynamischen Mitarbeitern im urbanen Raum geben müssen“. Das Büro werde sich „weiterentwickeln“, der Flächenbedarf bleibe aber bestehen: „Wir brauchen mehr Besprechungszonen, mehr Kommunikationszonen“, sagt Nitsch. Betreffend Objekt- und Projektplanung: Die Kubatur bleibe erhalten, aber der Innenraum müsse künftig flexibler gestaltet werden.

Dazu komme eine wirtschaftliche Unsicherheit im Zuge von Covid: „Mit dem 1. Oktober fangen die Banken flächendeckend an, Negativ-Zinsen auf Konten zu verrechnen. Für Cash zahlen sie; bei Anleihen verdienen sie nichts; der Aktienmarkt ist volatil“, beschreibt Nitsch die Lage. Was bleibe dann übrig? Nitsch gibt sich selbst Antwort auf seine rhetorische Frage: „Die Immobilie.“

Im ImmoLive-Chat gibt es viele Fragen

Der ImmoLive-Talk ist die größte Video-Diskussions-Plattform im deutschsprachigen Raum, wenn es um das Vernetzen in der Immobilienwirtschaft geht – und Userinnen und User in Echtzeit Fragen an die Expertinnen und Experten am Panel stellen können.

So wird auch Sebastian Nitsch, CEO von 6B47, zu verschiedenen Themen befragt. Wie sieht er etwa – im Sinne der Nachhaltigkeit – die Umwidmung und Umwandlung von Büroflächen in Wohnraum? „Wir führen alte Bürogebäude in moderne Wohneinheiten, siehe Philips-Gebäude (ein „Landmark“ auf der Triester Straße im Süden Wiens, Anm.), wir haben bewiesen, dass wir das können.“

Weitere Fragen aus dem Live-Chat betreffen Themen wie die Nutzungs-Durchmischung in neuen Quartieren („Wir haben im Althan-Quartier im Neunten Bezirk eine Symbiose aller Asset-Klassen: Büros, Wohnen, Hotel, Gastronomie, Handel. Wir beleben damit das Grätzl.“) Ja, es gebe laut Nitsch eine „Wohnungs-Not in Wien, wir haben zu wenig Wohnungen“; aber jetzt nur Wohnungen zu bauen erzeuge wiederum ein Ungewicht – die Menschen brauchen auch Platz „zum Arbeiten, für den Job, zum Geld verdienen“, sagt Nitsch.

Weitere Themen im Chat, auf die der CEO von 6B47 eingeht: Zertifizierungen bei Umwelt- und Sozialgedanken in der Projektentwicklung („Im Althan-Quartier ersparen wir der Stadt Wien 3.500 LKW-Fuhren an Abfuhr von Schuttmaterial“); wo macht Digitalisierung in der Immo-Branche Sinn („alleine den Rechnungsverlauf zu digitalisieren, ist eine große Erleichterung. BIM ist Thema, genauso die digitale Projektübergabe, und Sonderwunsch-Manager beim Wohnbau“).

Die Abschlussfrage geht ans Eingemachte: Wie ernst hält Sebastian Nitsch als CEO von 6B47 es mit der Nachhaltigkeit? Oder geht es doch um Kosten, Machbarkeit, und dem „Abriss als beste Sanierung“? Nitsch sagt: „Ich glaube, in Zeiten wie diesen, können wir nicht durchkommen, uns nur ein Feigenblatt vorzuhalten. Gelebte, ernste Nachhaltigkeit muss sein, sonst arbeiten wir am Markt vorbei.“ Das Thema der Zukunft, laut Nitsch – nicht die Frage des nachhaltigen Heizens, der fossilen Brennstoffe, sondern: „Das Kühlen wird Thema sein. Da können sich Projektentwickler absetzen.“

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