Daniel Jelitzka über die Verlierer und Gewinner unter den Assetklassen im zweiten Lockdown

Wir sprechen über die den aktuellen Lockdown und über die Folgen, die dieser für die Immobilienwirtschaft hat. Einige bereits laufende Tendenzen werden nämlich weiter verstärkt. Welche Assetklassen sind die Gewinner, welche sind die Verlierer?
Und wann werden die Auswirkungen der beiden Lockdowns richtig zum Tragen kommen?

„Normalität“ trotz Lockdown und Terror in Wien – JP Immobilien bleibt optimistisch

Am Montag, dem 2. November, erschüttert ein Terror-Anschlag die Stadt. „Aber wir machen den Tätern nicht den Gefallen, aufzuhören“, sagt Jelitzka, „und auch der zweite Lockdown wird vorbeigehen“. Denn „Optimismus ist der beste Wachstumsmotor.“ Es gebe „keinen Nachteil ohne Vorteil“ – wer jetzt nicht „die Hände faltet und wartet, dass Covid vorbeigeht“, sondern wer seine „Geschäftsfelder anpasst“ und sein Schicksal selbst in die Hand nehme, sei im Vorteil. Denn: Auch Covid-19 habe am Immobilienmarkt bestimmte Asset-Klassen zu „absoluten Gewinnern“ macht.

Welche Assets profitieren?

Bestimmte Asset-Klassen seien Corona-bedingt „abgestürzt“ – und böten jetzt umso mehr „gute Opportunitäten“, sagt Jelitzka. Die Beschränkung des Reiseverkehrs habe die Hotellerie – insbesondere den Conference-Markt – besonders schwer getroffen. „Hostels sind konkursgefährdet; niemand will in einem Zimmer mit acht Menschen schlafen, wo einer hustet.“ In Wien kämen 40 Prozent der Gäste über den Flugverkehr, und dieser liege darnieder. Viele Hotelbetreiber werden sich die Pacht demnach auf Dauer nicht leisten können – trotz staatlicher Unterstützung wie Kurzarbeit und finanzieller Zuschüsse. Hotelbetriebe rechneten sich laut Jelitzka ab einer Auslastung von 60 Prozent – davon sei die Leisure-Hotellerie weit entfernt. Hotels wollten „Fahne zeigen“ und offenhalten – aber müssten dafür Eigenmittel in den laufenden Betrieb stecken. „Der Zeitpunkt wird kommen, wo es eng wird“ – spätestens dann würden Banken und Investoren nervös und ihre Assets auf den Markt werfen.

Hospitality sei derzeit ein „rotes Tuch, keine Bank finanziert das derzeit“, besonders betroffen seien Hostels und der Conference-Bereich. Käufe von Hotels erfordern jetzt eine extrem hohe Quote an Eigenmitteln. „Viele wollen tolle Hotels kaufen, aber die wenigsten haben die Mittel, um das zu finanzieren“, beschreibt Jelitzka die Situation. „In Zukunft werden die gewinnen, die sich mit viel Equity die Assets sichern können.“

Das Umwandeln von Hotels in andere Asset-Klassen – eine gute Idee?

„Prinzipiell eine gute Idee“, meint Jelitzka, „aber Hotels zu Wohnungen machen spießt sich oft mit den bestehenden Widmungen, insbesondere in Wien“. Vor der Corona-Pandemie habe es jährlich 700 Millionen Hotelnächtigungen gegeben – weltweit, pro Jahr – und davon 350 Millionen alleine in Europa. Der „Urlaub zuhause“ könne das jetzt nur zum Teil auffangen; aber mit Wiederaufnahme des Flugverkehrs könnten sich daraus sogar „mehr incoming Gäste aus Europa“ ergeben, die Perspektive sei für Jelitzka daher positiv – „mit dem Wermutstropfen, dass wir nicht wissen, wann das passieren wird“.

Welche Bereiche werden durch Corona dynamisiert?

Schon die erste Welle habe bestimmte Aspekte der Immo-Branche dynamisiert; kommt mit dem zweiten Lockdown auch eine „zweite Welle“ des Fortschritts, wird Jelitzka gefragt. „Einiges wird sich sicherlich verstärken“, meint Jelitzka, und bezieht sich auf den privaten Konsum. Seine Prognose: „Mit dem ersten Lockdown sind viele Haushalte ins finanzielle Minus gerutscht, weil das Ersparte nicht gereicht hat. Um aus dem Minus zu kommen und einen Polster zu schaffen, wird der private Konsum jetzt zurückgehen.“ Das habe einen Impact auf die Immobranche: Die B- und C-Lagen des Einzelhandels („die typischen Reinprechtsdorfer Straßen dieser Welt, die schon bisher von der Hand in den Mund gelebt haben“) werden „massiv unter die Räder kommen“ – dafür würden die „guten“ Einkaufsstraßen weiter gut dabei sein.

Ähnlich sieht es Jelitzka für den Bürobereich, ein Feld mit „gesunden Renditen“ – allerdings werden Unternehmen bald auch „dort sparen, wo es sinnvoll ist“. Die Nachfrage werde sich, beispielsweise, von „1.000 Quadratmeter um 22 Euro Richtung 600 Quadratmeter um 15 Euro“ entwickeln.

Stärken Krisen die Zusammenarbeit innerhalb der Branche?

Der neu gegründete „Verein der Österreichischen Projektentwickler“ (VÖPE) sei gutes Beispiel, dass sich „Individualprobleme“ zu gemeinsamen Herausforderungen entwickeln, meint Jelitzka, etwa im Bereich des leistbaren Wohnens („wenngleich die Presse hier dazu tendiert, negativ zu berichten“). Auch die Bauordnung mit ihren teuren Auflagen bringe die Branche dazu, „an einem Strang zu ziehen“.

Stichwort Bauordnung: Statt einer österreichweiten BO gebe es neun verschiedene, für jedes Bundesland. Komme hier Dynamik herein? „Die Wiener Bauordnung hat eine sehr gute Qualität“, sagt Jelitzka, und auch der Wiener Magistrat mache einen guten Job – „da haben wir gut kalkulierbare Flächen“, aber mit den stetigen Techniknovellen werde das Bauen teurer gemacht. Etwa beim Stellplatzregulativ: Wenn Menschen mehr auf Car Sharing und den ÖPNV setzen, müsse die Bauordnung sich den gesellschaftlichen Tendenzen anpassen, „derzeit verkaufen wir nur 30 Prozent der Stellplätze“, dabei seien Garagen Kostentreiber im Neubau. Hier überhole die Gesetzgebung die Realität.

Was unterscheidet den ersten vom neuen Lockdown? Und: Fragen aus dem Chat

„Ich habe zwei Sachen gelernt“, sagt Jetzlika: Die plötzliche „Entschleunigung von 100 auf Null kann produktive Gedankengänge freisetzen“, und: Das „Remote-Arbeiten“ habe die Digitalisierung „wieder richtig zum Thema gemacht“. Immerhin zwei positive Aspekte bei allen Corona-Probleme.

Aus dem ImmoLive-Chat kommt die Frage, ob der gute Ruf Wiens als Standort durch den Terror-Akt gefährdet sei? Jelitzka verneint: „Ein Wahnsinniger“ könne das Image einer ganzen Stadt nicht verändern. Wien ist und bleibe „liebens- und lebenswerteste“ Stadt der Welt, dieses Niveau der Lebensqualität sei unerreicht. In einer persönlichen Anekdote erzählt Jelitzka: „Ich hätte nie Sorgen, dass mein Sohn spätabends alleine nach Hause fährt und gut daheim ankommt.“

Gewinner und Profiteure des Lockdowns

Jelitzka will trotz aller Begleitumstände auch Positives anmerken: „Gewinner ist jetzt der Logistik-Markt.“ Der E-Commerce-Einzelhandel habe einen Boost erlebt, und „da ist Logistik eine unabdingbare Voraussetzung“. Auch die „üblichen Evergreens in Krisenzeiten“ – nämlich Wohnbauten, im Neubau und im Zinshausbereich – würden Geld und Renditen bringen.

Auch im Hochpreis-Segment bleibe die Nachfrage hoch und „sehr gut“. Von den 900.000 Wohnungen in ganz Wien sind 75 Prozent Gemeinde- oder Genossenschaftswohnungen bzw. Mietwohnungen mit gedeckeltem Zins, rechnet Jelitzka vor. Vom verbleibenden Viertel seien „acht bis zehn Prozent“ freies Eigentum – und wiederum davon nur „ganz, ganz wenige“ im Hochpreissegment. Pro Jahr kämen 10.000 bis 14.000 Wohnungen neu dazu – „alles, was da im Eigentumsbereich auf den Markt kommt, wird nachgefragt und absorbiert“, zeigt sich Jelitzka überzeugt, denn die Nachfrage nach Eigentum übersteige das Angebot.

Die Faustregel für Anlagewohnungen

Es sei eine „gute Zeit“ für Anlagewohnungen, denn die zu erwartende Mietrendite (gute Lage natürlich vorausgesetzt) sei gut. Jelitzka nennt zwei Faustregeln: „Nur eine Wohnung kaufen, in der ich meine Kinder wohnen lassen würde“, und „die Miet-Rendite muss mindestens 100 Basispunkte über der Inflation“ liegen. Bei 1,5 Prozent Inflation würden demnach 2,5 bis 3 Prozent Rendite „einen guten Kauf“ bedeuten – dazu kämen Wertsteigerung und der Steuervorteil, „und ich weiß, wo mein Geld ist“, spricht Jelitzka aus dem Nähkästchen.

Was bring die Digitalisierung im Wohnungsbau?

Die User-Frage aus dem ImmoLive-Chat beantwortet Jelitzka als „weites Feld“. Vom Hausverwaltungs-Digi-Programm bis zur „Mehrwert“-App, die Bewohner mit Hausverwalter und Eigentümer vernetzen: „Das gibt es Vielfältiges.“ Die Digitalisierung in der Immo-Branche habe nur dann Sinn, wenn das für der und in  die Wohnung Mehrwert bringe: „Wo kann ich günstig im Grätzl einkaufen, wann kommt die Straßenbahn, wann hat die Post geöffnet, wo bekomme ich einen Babysitter her?“ – wenn eine App solche Fragen beantworten kann, „stiehlt sie keine Zeit, sondern bringt wirklichen Mehrwert“, sagt Jelitzka. Er will Apps für Comfort und Fortschritt, damit diese nicht „auf dem Friedhof der digitalen Applikationen landen“.

Für eine funktionierende App brauche es „drei Key Messages“: Jedes Feature brauche Sinn und Mehrwert; die App müsse ohne Betriebsanleitung selbsterklärend funktionieren; die User Experience (UI) müsse „sympathisch“ sein.

All das wolle Jelitzka mit seiner „PUCK-App“ (https://puck.io) erreichen – wobei Puck, aus dem Keltischen, übersetzt eines bedeute: nämlich „der gute Hausgeist“.

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  • 04.11.2020
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