„Gefühle lassen sich nicht digitalisieren, aber der Weg dorthin schon" – mit dieser prägnanten Formel beschreibt Michele Ancona seine Unternehmensphilosophie. Nach sieben Jahren als Makler und mehr als 1.000 begleiteten Immobilientransaktionen identifizierte Ancona fundamentale Ineffizienzen in der Wertschöpfungskette des Immobilienvertriebs.
Die Grundintention seiner Unternehmensgründung vor etwa sechs Monaten: „Die Wertschöpfungskette in der Immobilienbranche zu digitalisieren, den Maklern Arbeit abzunehmen und sie schnellstmöglich in die Kundeninteraktion zu bringen." Gemeinsam mit seinem Partner Leon de Abbot entwickelte er eine SaaS-Lösung, die genau dort ansetzt, wo konventionelle Prozesse Zeit und Ressourcen binden.
WhatsApp als Game-Changer in der Kundenkommunikation
Besonders bemerkenswert ist der innovative Kommunikationsansatz von IMMOinstant. Während E-Mails und Telefonate eine Öffnungsrate von lediglich 25 bis 30 Prozent aufweisen, erreicht WhatsApp beeindruckende 90 bis 95 Prozent. „Das heißt, ich brauche im Schnitt dreimal weniger Leads für dieselbe Vermittlung, weil die Interaktion einfach sehr viel direkter funktioniert", erläutert Ancona.
Dieser Effizienzgewinn ist besonders angesichts der demografischen Entwicklung des Klientels bedeutsam: „Leute werden immer jünger, kommen immer früher mit Digitalisierung in Kontakt. Das heißt, der ganze Prozess profitiert von dieser Schnelllebigkeit, und da muss ich die Kommunikationskanäle entsprechend anpassen."
Der Paradigmenwechsel: Vom Makler zum Kunden
Ein entscheidender Innovationsaspekt von IMMOinstant liegt in der Umkehrung etablierter Prozesse. „Wir schieben den Terminbuchungsprozess vom Makler weg zum Kunden", erklärt Ancona. Durch diesen Sinneswandel wird nicht nur die Wertschöpfungskette optimiert, sondern auch die Datenbasis für Makler erheblich erweitert: „Durch mehr Kundenbindung habe ich viel mehr Daten in meinem CRM und kann auswerten, wie viele Anfragen angekommen sind, wie viele Termine gebucht, abgesagt, stattgefunden haben und wie viel effektives Interesse daran bestand."
Besonders innovativ ist der nachgelagerte Cross-Selling-Prozess: „Sobald der Lead rausfällt, kriegt der automatisiert eine E-Mail und eine WhatsApp: ‘Lieber Kunde, das passende Produkt soll leider nicht dabei sein. Sie profitieren weiterhin von unserem Netzwerk: Stromanmeldung, Heizungsanmeldung, Finanzierungen, Rechtsberatung.’" Damit wird die traditionelle Rolle des Maklers erweitert: „Ein Makler ist heutzutage viel mehr als nur ein Immobilienvermittler – ein gesamtheitlicher Dienstleister mit einem 360-Grad-Service."
Marktherausforderungen als Innovationstreiber
Der aktuelle Marktdruck, insbesondere durch das Bestellerprinzip, erweist sich als Katalysator für die Digitalisierung: „Die Makler bekommen nicht mehr das Honorar, das sie früher bekommen haben, haben aber trotzdem noch den gleichen Arbeitsaufwand. Hier besteht dringender Bedarf, die Wertschöpfungskette zu optimieren."
Anconas Vision zielt dabei nicht auf eine vollständige Digitalisierung, sondern auf die Optimierung von Prozessen: „Digitalisierung darf man nicht verneinen, aber auch nicht verherrlichen. Ich glaube, man muss die altbewährten Muster neu denken, neu orchestrieren." Das Ziel: Den Makler dort zu entlasten, wo es um automatisierbare Prozesse geht, damit er sich auf seine Kernkompetenz konzentrieren kann – die persönliche Beratung und Kundeninteraktion.
Technische Integration und Zielgruppe
IMMOinstant hat bereits erste Erfolge zu verzeichnen: „Mit letzter Woche haben die ersten drei Kunden angeordnet und uns die API-Schnittstelle kostenlos zur Verfügung gestellt." Die technische Integration erfolgt über einen Datenleger, der per Programmierschnittstelle an das jeweilige CRM andockt – ein Ansatz, der besonders für Nutzer von Office-CRM-Systemen geeignet ist.
Auf die Frage nach der optimalen Zielgruppe antwortet Ancona pragmatisch: „Die Wünsche, die man hat, werden meistens nicht erfüllt. Das heißt, man muss seine Wünsche anpassen, so wie es aktuell ist." Der Fokus liegt aktuell auf Office-Kunden, wobei der Ansatz klar definiert ist: „Mit möglichst wenig Arbeitsaufwand möglichst viel Mehrwert liefern."
Zukunftsvision und Finanzierungsstrategie
Für die kommenden fünf Jahre hat Ancona eine klare Vision: „Ein gesamtheitlicher Software-Dienstleister für die Immobilienbranche zu sein, der europaweit bekannt ist." Dabei profitieren nicht nur die Makler, sondern vor allem auch die Endkunden: „Ich stelle mir vor, dass Kunden durch dieses System profitieren, weil sie sagen, der Prozess ist so effizient und kundenorientiert."
Interessant ist auch der Finanzierungsansatz des Startups: „Wir nehmen keine Investoren mit auf, einfach aufgrund der Tatsache, dass wir Bootstrap sind." Der Grund für diese Strategie: „In ein Startup zu investieren, das keinen Umsatz schreibt, das ist für keinen Investor relevant. Wenn wir bei 100.000 Euro Monatsumsatz angelangt sind, dann schauen wir uns die weitere Skalierung an."
Fazit: Digitalisierung als Chance in herausfordernden Zeiten
Michele Ancona verkörpert mit IMMOinstant den Typus des praxiserfahrenen Innovators, der die Herausforderungen seines Marktes aus erster Hand kennt und darauf mit zielgerichteten technologischen Lösungen reagiert. Sein Ansatz verdeutlicht eine zentrale Erkenntnis der digitalen Transformation: „Entweder du gehst mit der Zeit oder du gehst mit der Zeit."
In einer Phase tiefgreifender Veränderungen im Immobilienmarkt eröffnet die zunehmende Digitalisierung neue Chancen – insbesondere für jene Marktteilnehmer, die bereit sind, etablierte Prozesse kritisch zu hinterfragen und neu zu gestalten. Mit seiner Kombination aus branchenspezifischem Know-how und technologischem Innovationsgeist positioniert Ancona sein Unternehmen genau an dieser Schnittstelle.
Die kommenden Jahre werden zeigen, inwieweit es IMMOinstant gelingt, den ambitionierten Wachstumskurs fortzusetzen und die Vision einer umfassenden Digitalisierung der Immobilienvermittlung zu verwirklichen – ohne dabei den menschlichen Faktor aus den Augen zu verlieren.